Deponie wird Naturschutzgebiet
13. Januar 2025 | Lucia Reinsprecht
Die Deponie Nord-West, heute als Entsorgungspark Freimann bekannt, wurde 1987 eröffnet und sollte ursprünglich 54 Meter hoch werden. Durch das Abfallwirtschaftskonzept von 1988/89 nahm das Müllaufkommen jedoch ab und seit 2003 besteht die Deponie hauptsächlich aus Bau- und Industrieabfällen. Da sie nun nahezu verfüllt ist, wurde Hagn Umwelttechnik mit der Oberflächenabdichtung der 40 Meter hohen Deponie beauftragt.
Pilotprojekt
„Ein Dichtungssystem mit Bentokies und Asphalt wurde in dieser Form noch nicht gebaut“, hebt Thomas Henninger, Bauleiter der Hagn Umwelttechnik, hervor. Auf einem 1.600 Quadratmeter großen Probefeld wurden daher zunächst Technik und auch Lageverbund getestet. „Anschließend haben wir vom Prüflabor die Bestätigung bekommen, dass alle Parameter gemäß des Qualitätsmanagement-Plans damit eingehalten werden“, freut sich Henninger. Spannend für das Team der Umwelttechnik-Profis war auch, die Standsicherheit der Geräte auszutesten. „Die Deponie weist Böschungsneigungen von bis zu 1:1,6 auf. Folglich haben wir uns entschlossen, Bagger als Ziehgerät für unsere Walzen einzusetzen“, erklärt der Fachmann für Umwelttechnik. Für die aus acht Schichten bestehende Abdichtung kommen zudem 4 Hydraulikbagger, 2 Planierraupen, 5 Dumper sowie ein Langstielbagger zum Einsatz. Herzstück der Arbeiten ist eine eigens eingerichtete Mischanlage zur Produktion der Bentokiesmischung. Dabei handelt es sich um ein in der Natur vorkommendes Tonmineralgemisch, das mit Kies veredelt wird. Dieses Material ist wasserundurchlässig und hat eine hohe Quellfähigkeit. „Somit können sich beispielsweise durch Bodenbewegung entstehende Risse ohne maschinellen Eingriff von selbst wieder verschließen“, erklärt Henninger die Vorteile des natürlichen Baustoffs. Die erste der acht Schichten oberhalb des Deponats ist jedoch eine bis zu vier Meter dicke Profilierungsschicht bestehend aus aufbereitetem Asphalt und Bauschutt. „Diese dient zunächst dazu, die Unregelmäßigkeiten der Deponie auszugleichen und die Standsicherheit für das Abdichtungssystem zu gewährleisten“, erklärt Henninger.
Schicht für Schicht nachhaltig
Ein wesentlicher Teil des modernen Abdichtungssystems basiert auf der Ertüchtigung des Entgasungssystems. Auf die Profilierungsschicht bringt das Team von Hagn Umwelttechnik daher eine erste gasgängige Trag- und Ausgleichsschicht auf. „Diese 40 Zentimeter dicke Schicht besteht aus einem speziellen gasführenden Material mit einer besonders abgestuften Körnung“, erläutert Henninger und ergänzt: „Methan und Kohlendioxid sammeln sich dort und können über sogenannte Gasbrunnen kontrolliert abgeleitet und verwertet werden.“ Im Zuge der Arbeiten werden 45 der 51 Deponiegasbrunnen an zwei neue Regelstationen angeschlossen, um die Gasfassung zu optimieren. Dafür werden bis zum Ende der Arbeiten insgesamt 4.600 Meter Gassammelleitungen sowie rund 400 Meter Gasansaugleitungen verlegt. Aufbauend auf die gasgängige Schicht folgt eine weitere Tragschicht sowie eine geotextile Trennlage. Darauf folgt die Abdichtung mittels Bentokies in zwei Schichten. In einem weiteren Arbeitsschritt wird die Asphaltabdichtung aufgetragen. „Diese Dichtungskomponente ist zweigeteilt und besteht aus einer Trag- und einer Dichtschicht. Durch dieses innovative Verfahren werden diffuse Deponiegasemissionen deutlich reduziert. Deponiegas enthält Methan, das 28-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid ist. Das restliche Deponiegas wird abgesaugt und thermisch behandelt. Eine Verwertung ist wegen des geringen Methangehalts nicht mehr sinnvoll“, erklärt Henninger. Bevor mit der zweieinhalb Meter hohen Rekultivierungsschicht sowie der abschließenden Oberbodenabdeckung eine für Tiere und Pflanzen nutzbare Umgebung angelegt wird, gewährleistet eine Entwässerungsschicht aus Kies und Schotter sowie eine weitere geotextile Trennlage den kontrollierten Abfluss von Regenwasser. Abgeschlossen werden die Arbeiten mit dem
Aufbau eines rund zwei Kilometer umfassenden Deponiewegenetzes dass auch als Zufahrt zur Windkraftanlage dient. „Der Betreiber der Deponie, der Abfallwirtschaftsbetrieb München, geht davon aus, dass die Menge an kontaminiertem Sickerwasser derart reduziert wird, dass die Sickerwasserbehandlungsanlage nach Herstellung der Oberflächenabdichtung anschließend im ,Low-Energy-Modus‘ betrieben werden kann“, erklärt Henninger die Vorteile. Eigentlich rechneten die Experten von Hagn mit einem Abschluss der Arbeiten bereits für Ende 2025. Diesem ehrgeizigen Zeitplan machten geo- und fiskalpolitische Einflüsse sowie ganz besondere „Deponiebewohner“ jedoch einen Strich durch die Rechnung. Geschützte Tierarten wie Zauneidechse und Wechselkröte haben sich über die Jahrzehnte auf der Deponie beheimatet. „Zum Schutz dieser Tiere wurde die Deponie in vier Teilabschnitte eingeteilt, in denen sie immer wieder umgesiedelt werden müssen“, erklärt Henninger. Doch der Aufwand soll sich lohnen: Denn wenn Ende 2026 auch die letzten Arbeiten zum fachgerechten Anschluss des Oberflächenabdichtungssystems an das Fundament der Windenergieanlage abgeschlossen sein werden, werden Flora und Fauna der Deponie Teil des Naturschutzgebiets Fröttmaninger Heide.