Fischaufstiegshilfe am Lech errichtet Slider

Fischaufstiegshilfe am Lech errichtet

 

22. November 2023 | Markus Lackner

Zum Schutz von Huchen, Bachforelle und Flusskrebs sind alle Bereiche der deutschen Felbermayr-Tochter Hagn Umwelttechnik zurzeit am Wasserkraftwerk „Lechstaustufe 3“ in Urspring in Oberbayern im Einsatz. Auf einer Fläche von zwei Hektar soll bis Mitte nächsten Jahres eine Fischaufstiegshilfe die flussaufwärtsgerichtete Wanderung der heimischen Flussbewohner sicherstellen.

Bis 2028 will der Kraftwerksbetreiber Uniper alle seine Kraftwerke am Lech, an der Isar sowie Main und Donau mit Fischaufstiegsanlagen ausstatten. Bei der europaweiten Ausschreibung Ende 2022 für das Kraftwerk am Lechstausee gewann Hagn Umwelttechnik das heiß begehrte Projekt. „Der Zuschlag am 22. Dezember kam quasi als Weihnachtsgeschenk“, freut sich der Bauleiter von Hagn Umwelttechnik Martin Simstich über den Zuschlag für das Naturschutzprojekt. Nach einer umfangreichen Planungsphase begannen im Februar die ersten Maßnahmen.

Alle Gewerke gefordert

Gleich drei Bauwerke werden gleichzeitig gebaut. Ein Zusammenspiel aller Umwelttechnikexperten von Hagn, bei dem Beton-, Ingenieur-, Wasser- und Stahlwasserbau ihr Können zeigen. „Durch eine Leitrampe unter Wasser steigen die Fische am rechten Lechufer unterhalb des Staudammes ein. Dort bauen wir einen Vertical-Slot-Pass mit 90 Metern Fließstrecke und insgesamt 19 Becken, in denen die Fische die ersten gut zweieinhalb Meter Höhenunterschied überwinden. Anschließend gelangen sie in das 500 Meter lange Umgehungsgerinne. Dort geht es die nächsten sechs Meter weiter nach oben, ehe sie am Damm beim Einlaufbauwerk in den Stausee schwimmen können“, visualisiert Simstich. Ziel ist es, den Flussbewohnern mittels der Baumaßnahme einen Auf- beziehungsweise Abstieg von rund acht Metern zu ermöglichen. Eine besondere Herausforderung ist die Arbeit am fließenden Gewässer sowie die Dichtigkeit des Dammes nicht zu gefährden. Für den Bau der Einlaufbauwerke wurden Arbeitsebenen am Lech sowie am Lechstausee angelegt, die zum einen den Belastungen schwerer Maschinen standhalten und zum anderen starken Strömungen während Hochwasserereignissen trotzen müssen. Bei den laufenden Arbeiten direkt am Damm beweist das Team von Hagn höchste Präzision. Mit einer 120 Tonnen schweren Bohrpfahlmaschine werden überschnittene Bohrpfahlwände bis in Tiefen von 32 Metern hergestellt. Diese überschnittenen Bohrpfahlwände dienen als Bauwerksgründung, als Bauwerksabdichtung und als Wände für den Fischaufstieg. „Da wir mit den Bohrpfählen die Oberflächendichtung des Dammes durchbohren, sind Umläufigkeiten und Undichtigkeiten der Oberflächendichtung unbedingt zu vermeiden“, schildert Simstich.

Eigene GNSS-Basisstation eingerichtet

Auf den Zentimeter genau wird auch bei den Erdbauarbeiten für das Umgehungsgerinne gearbeitet. Aufgrund des eingeschränkten Mobilfunkempfangs wurde eigens für die Erdbaugeräte eine GNSS-Basisstation auf der Baustelle eingerichtet. „Das Umgehungsgerinne besteht aus einem vier Meter hohen Dammkörper, den wir mit unterschiedlichstem Erdbaugerät erstellen. Dabei wurde auch geotechnisch ungeeignetes Erdmaterial mittels Bodenverbesserung durch Einfräsen einer Kalk-Zement-Mischung aufgewertet. So kann sämtliches Material wiederverwendet werden und es muss kein Aushub entsorgt werden“, erläutert Simstich. Damit die Baggerfahrer zu jeder Zeit wissen, ob und wo noch ab- beziehungsweise aufgetragen werden muss, wird die Baggersteuerung durch ein 3D- Modell des Bauwerks unterstützt.

Liebe zum Detail

Es ist nicht nur ein Projekt der Zusammenarbeit, es ist auch ein Projekt, bei dem die Spezialisten einmal mehr die Liebe zu ihrem Handwerk unter Beweis stellen. Ziel ist es, einen naturnahen Lebensraum für die Bewohner des Lechs zu schaffen. „Um die perfekten Strömungseigenschaften im Gerinne zu ermöglichen, verwenden wir für die Umlenkblöcke Eichenholz. Dieses können wir später feinjustieren“, führt Simstich aus und ergänzt: „Außerdem verwenden wir für die Dichtung der Gerinne ausschließlich Geotextilien, sogenannte ‚Bentonit-Tondichtungsbahnen‘ und verzichten damit auf den Einsatz von Kunststoff.“

Für den letzten ‚Feinschliff‘ wird mit einer Schicht aus Schotter und Kies sowie großen Flusssteinen eine abwechslungsreiche Struktur geschaffen und so der Fischaufstieg ökologisch aufgewertet.